Sonntag, 19. September 2004

Heute Morgen auf dem Amt...

Montag früh 9h. Frau S. kommt überpünktlich zu unserem Treffen. Vor wenigen Wochen wurde eine IV-Rente verfügt. Nun unterstützte ich sie bei der Klärung von BVG-Ansprüchen und einer allfälligen EL-Anmeldung. Bis es soweit ist, wird ihre finanzielle Existenzgrundlage durch die Sozialhilfe gesichert. – Nach 30 Jahren zuverlässiger Arbeit als qualifizierte Arbeitnehmerin ist sie in der Folge einer Herzoperation körperbehindert. Die Behinderung ist das Resultat zweier Kunstfehler, sowie falscher Medikamente während der Heilungsphase. Frau S. kann nicht gerade laufen, hat chronische schmerzen und ist auf eine Fülle starker Medikamente angewiesen. Beim gehen, schleppt sie eines ihrer Beine hinter sich her und erweckt den Anschein, dass sie jeden Moment umfallen könnte. Doch sie ist stark und hat seit Beginn dieser tragischen Geschichte steht die Offensive gewählt. Sie hat mir Ärzten und der IV gekämpft, hat sich mit einer Flut von Medizinbüchern eingedeckt und sich bezüglich ihres Leidens schlau gemacht. Heute muss man ihr gar nichts mehr vormachen. Das betont Frau S. auch immer wieder und wenn sie es sagt funkeln ihre Augen auf eine fast etwas schelmische Art und Weise. Überhaupt hat sie es geschafft, stets optimistisch zu bleiben und Freude zu verbreiten. Bemerkenswert!
Ich war überrascht als sie mir heute erzählte, dass sie von ihrem Nachbarn ferntherapiert würde. Das sei einerseits ein angenehmes Gefühl, welches ihre Beine zum chribeln bringe, andererseits bekomme es ihrem Herzen gar nicht gut. Überhaupt wolle sie ohne ihre Einwilligung nicht therapiert werden. Das Ganze hätte am 8. Juli 04 begonnen. Zu beginn hätte sie gar nicht gewusst was da mit ihr passiere. Doch auf einmal sei ihr aufgefallen, dass vibrierende Geräusche aus der Wohnung des Nachbar zu hören gewesen seinen. Schnell habe sie gemerkt, dass diese Geräusche mit ihrem chribeln zusammenhängen müssen. Sie habe dann versucht mit dem Nachbarn, einem Deutschen Kontakt auf zu nehmen. Doch habe er ihr die Türe nie geöffnet und auch ihre Zettel, welche sie an die Türe gehängt habe blieben unbeantwortet. Dies bis gestern. Auf einmal habe es geläutet und dieser Nachbar sein vor der Türe gestanden. Er sei ausserordentlich freundlich gewesen, habe sie umgehend gefragt, an was sie den leide und bat sie nach den Röntgenbildern. Diese habe sie ihm auch gegeben und sie hätte gemerkt, dass er vom Fach sein müsse. Danach sei er durch die Wohnung gelaufen und habe alles genau angeschaut. Als er ins Schlafzimmer geschaut hätte, sei es ihr dann aber zuviel geworden und sich gesagt, jetzt aber raus mit diesem jungen Mann. Frau S. weiss auch, dass der Nachbar nur ihre Wohnung besichtigt habe um gezielter die Therapie an zu wenden. Diese Befürchtung habe sich auch bestätigt, da die Therapie wieder begonnen habe, kaum war der Nachbar wieder in seiner Wohnung.

Das Ganze kam mir dann doch etwas suspekt vor. Nicht zuletzt war ich auch der Meinung, dass es nicht sein kann, dass jemand ohne Einwilligung Einfluss auf andere nehmen darf. Ich versuchte ein wenig genauere Infos über diesen Mann ausfindig zu machen. Ich fand raus, dass er als Wissenschafter tätig ist und aus Deutschland in die Stadt gekommen ist. Ich fand aber auch raus, dass der benannte Mann vor rund einem Monat verstorben ist…

Gut 10% meiner Klienten leiden an schizophrenen und/oder paranoiden Episoden. Aus verschiedensten Gründen, die einen seit Geburt andere mutmasslich verursacht durch kritische Lebensverläufe, Krankheiten oder Sucht. Ursachen sind bestimmt sehr vielfältig, doch glaube ich Gründe in der modernen Gesellschaft mit all der Pluralität, Individualität und Multioptionen finden zu können. Doch ist es bestimmt kein neues Phänomen über Häufigkeit sollte man sich aber bestimmt Gedanken machen.

ÜBRIGENS: „Schizophrene“ Menschen sind keine dumme Menschen. Ich hab vielmehr den Eindruck, dass eher kreative und intelligente Menschen mit Weitblick mit solchen Herausforderungen zu kämpfen haben. Und Schizophrenie ist HEILBAR!

alcastella

Verein ehemaliger Studierender der FHS Soziale Arbeit St. Gallen

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